Vivian Jung

Nach meiner reibungslosen Geburt Ende November des Jahres 1964 habe ich gleich intensiv Bekanntschaft mit den Errungenschaften der Schulmedizin gemacht. Nachdem ich das überlebt hatte, habe ich abermals intensiv Bekanntschaft mit den Errungenschaften der Schulmedizin gemacht. Nachdem ich auch das überlebt hatte, habe ich meine Eltern neu kennen gelernt und mich mit ihnen angefreundet. Dann durfte ich unter der Diktatur der Arbeiterklasse eine fast sorgenfreie Kindheit erleben. Ich wuchs mit meinen Geschwistern nahe der schönen Ostsee auf und nach einer kleinen Rundreise durch einige Länder verschiedener Herren, bin ich seit über 30 Jahren wieder in meiner Heimat ansässig. Aber so richtig ! Man kann mich kaum vom Fleck bewegen, und das kommt, weil das Fleckchen so schön ist …

Nachdem ich 1988 in Erfurt mein Studium für Mathematik und Kunsterziehung absolviert, meine erste Tochter geboren und eine Weile in Berlin als Lehrerin gearbeitet hatte, bin ich Joachim begegnet. Er hat mich vom bösen Drachen Großstadt befreit und mich auf einem weißen Pferd zu diesem bezaubernden Fleckchen Erde gebracht. Dann haben wir erst einmal zusammen einige Kinder bekommen, die Töpferei und Gartenarbeit betrieben. Später kamen verschiedene Tiere dazu und unser kleines Biocafé. So haben wir viele Jahre lang meistens gute Zeiten erlebt und unsere sechs Kinder großgezogen. Die schlechten Zeiten haben wir zusammen durchgestanden und viel aus ihnen gelernt. So hat mich mein Weg wieder und wieder mit natürlichen, alternativen Heilweisen in Berührung gebracht. Um die Ärzte habe ich immer einen großen Bogen gemacht, auf Grund der anfänglich prägenden Erfahrung. Allerdings haben sie mir bei der Geburt unseres vierten Kindes das Leben gerettet. Diese Geburt war grenzwertig und hat meinem Leben einen neuen Impuls gegeben. Ich konnte nun jeden Tag als ein Geschenk ansehen. Obwohl mir die freundliche Ärztin eine weitere Schwangerschaft untersagt hatte, ließ die nicht lange auf sich warten. Das war der Punkt, an dem wir alles Erdenkliche versucht haben, um eine weitere lebensgefährliche Geburt abzuwenden. Nach neun Monaten intensivster Bemühungen, konnten wir unseren Lohn lächelnd in die Arme schließen. Ohne die unermüdliche Unterstützung und Ermutigung durch meinen Mann wäre das nicht möglich gewesen. Längst schon hatte ich mich in zuverlässige Heilpraktikerhände begeben und markante Erlebnisse mit sanften, wirkungsvollen Methoden gemacht. Mit und vor allem auch ohne Glauben.

Ein wesentlicher Meilenstein in meinem Leben war die Begegnung mit der Königin der Wissenschaften – der Astrologie. Ich fing sofort Feuer und habe von Stund‘ an hauptsächlich in astrologischen Bahnen gedacht. Kurs folgte auf Kurs, dann ein mehrjähriges Studium. Parallel dazu natürlich entsprechendes Literaturstudium und unzählige praktische Übungen. Ich hatte tolle Lehrer, denen ich sehr viel zu verdanken habe. Darüber sind einige Jahre ins Land gegangen. Die Kinder wurden pflegeleichter und mein unruhiger Geist verlangte nach Nahrung. Wiederum gab es eine prägende Begegnung mit einem weiteren Lehrer. Bei ihm habe ich über viele Jahre die Technik der Prana-Heilung erlernt, erfolgreich angewendet und daraufhin meine Praxis eröffnet. Das ist jetzt etwa 20 Jahre her. Seitdem praktiziere ich mit wachsender Begeisterung die Kombination von Astrologie und Prana-Heilung. Aber das Leben überrascht uns mit Türen, die sich öffnen und auch mit solchen, die sich schließen.

Wieder war es ein gravierendes Ereignis, das den neuen Impuls auslösen sollte: Diesmal war unsere Tochter ernsthaft erkrankt. Letztlich hat uns hier die Homöopathie aus einer kritischen Situation herausgeholfen. Dieses Erlebnis hat mich zu der Einsicht geführt, dass die ernsthafte Arbeit mit Homöopathie sicheres, meisterhaftes Wissen voraussetzt und jeder Therapeut verantwortungslos wäre, der einfach nur hofft, dass die betroffenen Menschen möglicherweise durch ihren Glauben an die Wirksamkeit des Mittels geheilt würden. Redensweisen, wie „Homöopathie hilft manchmal oder eher bei leichten Beschwerden“, zeugen von gründlicher Unkenntnis. Genauso das pauschale Verabreichen von Niedrigpotenzen (D4, D12) und das auch noch über mehrere Wochen. Und besonders verwerflich: das Auspendeln des “angezeigten” Mittels !

Es kam, wie es kommen musste – ich habe mich abermals auf die Schulbank gesetzt. Diesmal stand Homöopathie auf dem Stundenplan. Ich habe das große Glück, bei einem Meister (nach wie vor) in die Lehre gehen zu dürfen, der über ein brilliantes, tiefgründiges Wissen und auch über langjährige Lehr- und Praxiserfahrung verfügt. Um dem Ganzen die nötige Basis zu geben, habe ich zeitgleich meinen Heilpraktiker gemacht (2014).

Jetzt sind alle unsere Kinder in die Welt gezogen und haben selbst Familien gegründet. Da sich nach dem Verfassen diverser Artikel und Texte sowie dem Lektorat verschiedener Bücher – unter anderen das Fachbuch meines Mannes “Drehen auf der Töpferscheibe” – für mich gewisse Freiräume ergeben haben, kam ich auf die Idee, meine schriftstellerischen Gehversuche durch ein weiteres Studium auf einen soliden Weg zu bringen.

In den vergangenen beiden Jahren hat mich besonders erschüttert, dass ausgerechnet Heilpraktiker, die sich zumeist mit ganzem Herzen für das Wohlergehen ihrer Patienten einsetzen, im Rahmen der Corona-Pandemie mit Reichsbürgern, Neonazis und Aluhutträgern in einen Topf geworfen wurden. Das konnte in diesem Ausmaß vor allem durch die unrühmliche Rolle der Medien geschehen. Mit Erschrecken muss ich zur Kenntnis nehmen, dass Heilpraktiker in naher Zukunft laut einem Gesetzentwurf verboten werden sollen.