Anmerkungen

Die Keramikliteratur ist mit ihren vielen Spezialgebieten weltweit gut aufgestellt, nur das Drehen auf der Scheibe macht da eine Ausnahme. Jahrzehntelang habe ich an einer präzisen Grunderklärung des Drehens gearbeitet. Das Ergebnis findet sich in meinem jüngst erschienenen Buch „Drehen auf der Töpferscheibe“, 352 Seiten, 1230 Abbildungen.
Gustav Weiß schrieb mir zur ersten Auflage 1989: „Es ist gut, dass jetzt für das Stiefkind der Keramik eine so hervorragende Anleitung existiert.“ Besonders freut mich, dass er wenige Jahre vor seinem Tod ein Vorwort für die nunmehr dritte Auflage in 2022 schreiben konnte.

Es gibt weltweit etwa vierzig Bücher, die in begleitender oder auch spezieller Weise Aussagen über das Thema Drehen machen. Maßgebliche wurden größtenteils ins Deutsche übersetzt. Aber es sind zumeist Bücher für Laien mit entsprechenden, teilweise abstrusen Grundlagen, die sich alle im Bereich der Kleinkeramik bewegen. Auch wenn sie werbend als „besonders zu empfehlen“ eingeführt werden.

Ich kann meine Aussagen beweiskräftig darlegen. Durch meine Ausarbeitungen ist der Vorgang erstmalig von jedem durchschaubar, da die physikalischen Vorgänge mit Statik, Hebel- und Winkelgesetzen begründet werden. Diese Erkenntnisse basieren auf Erfahrungen von Leistungsdrehern, die voluminöse, mannshohe Gefäße herstellen konnten.

Die zahlreichen verschiedenen Methoden, jeweils sehr individuell und eher gefühlsbetont ausgelegt, lassen sich somit auf ihren Gehalt prüfen. Immer wird mit kleinen Tonmengen beginnend gelehrt, selten mit nachvollziehbaren Erklärungen und lediglich durch Schulung des Gefühls. Leider führt diese Methode in eine Sackgasse. Hände ringend kommen Laien und Profis zu meinen Kursen, die in dem allgemeinen Erklärungsdschungel nach einer logisch-didaktischen Anleitung suchen. Sie möchten den Drehvorgang auch theoretisch verstehen. Solche Darlegungen sind nicht in Videos zu vermitteln, denn die Abläufe sind so komplex und organisch miteinander verbunden, dass sie sich eigentlich sogar sprachlicher Beschreibung entziehen.

Diese spezielle Drehtechnologie habe ich selbst nicht erfunden, aber durch ein besonderes Glück erlernte ich sie vor fast sechzig Jahren in einer traditionellen Töpferei bei Leistungsdrehern, die übermannshohe Gefäße in großen Stückzahlen drehen konnten. Die Effektivität der Handgriffe (nicht die Menge) ist das Erstrebenswerte daran. Sie wirkt sich deutlich auf die Form und die funktionelle Qualität aus. Diese Technik ist jedoch fast in Vergessenheit geraten, da sie nicht mehr vermittelt wird.

Ich kenne nur wenige Keramiker, die in der Lage sind, Großgefäße zu drehen. Man benötigt dazu nicht etwa Kraft, wie fast alle Keramiker glauben, sondern eine spezielle Technik, die das Verarbeiten großer Tonmengen auf der Scheibe ermöglicht. Mit dieser lassen sich problemlos auch kleine Gefäße drehen. Hingegen kann man die in der sonstigen Literatur beschriebenen Grifftechniken für kleine Tonmengen nicht beim Großdrehen anwenden. So werden die handwerklichen Möglichkeiten eingeschränkt. Große Tonmengen werden beim Drehen oft nicht beherrscht, weil grundsätzliche Charaktereigenschaften des Materials nicht erfahren wurden. Diese teilen sich erst bei größeren Tonmassen mit. Eine universell einsetzbare Technik bringt mehr Freude am Tun und mehr Formenreichtum. Außerdem hat der auf diese Weise Ausgebildete eine solide handwerkliche Basis. Er kennt die Möglichkeiten des Materials und wird sicher sein Ziel erreichen bzw. einen wie auch immer gearteten Auftrag ausführen können.

Das Scheibentöpfern an sich ist natürlich nicht zwingend notwendig, um keramisch tätig zu sein, wie man heute überall in der Welt an den hervorragenden Keramiken sieht. Das Gebiet des Scheibendrehens erschließt aber durch Hinzukommen von Statik, Fliehkraft und Kontinuität eine spezielle Sicht auf das Material Ton, und es übt auf viele einen großen Reiz aus. Wie ich schon sagte, ist der Markt voll mit unzulänglichen Versuchen, die Drehtechnik zu beschreiben und das, obwohl es noch etliche Keramiker gibt, die alte Techniken beherrschen. Will man diese in Worte fassen, bedarf es einer akribischen Analyse der Grundprinzipien und nicht zuletzt ihrer allgemein verständlichen Formulierung. Dieser Arbeit habe ich mich über mehrere Jahrzehnte hin gewidmet und alle meine Erfahrungen und Erkenntnisse in meinem Fachbuch „Drehen auf der Töpferscheibe“ dokumentiert.

Um für den weltweiten Vertrieb eine englische Auflage zu erstellen und dafür einen Verlag zu finden, habe ich verschiedene Keramiker von internationalem Ruf (zumeist AIC-Mitglieder) gebeten, Rezensionen zu schreiben. Diese sind ausnahmslos positiv (siehe Anhang), genauso wie die Rückmeldungen der Käufer. Die nachfolgend genannten, anerkannten Keramiker möchten das Erscheinen der englischen Auflage befördern, um dieses Wissen zu verbreiten: Gustav Weiß, Gerit Grimm, Marc Leuthold, Dr. Walter Lokau, Jan Kollwitz, Annette Mertens, Karl Fulle, Bernd Pfannkuche, Andreas Hanusch, Christian Wolff, Mario Howard, Evelyn Schoenmann, Armin Skirde, Helmuth Schröder u.a.

Derzeit vertreibe ich das Buch privat, und es verkauft sich sehr gut. Bernd Pfannkuche („Neue Keramik“) und andere Publizisten haben sich der Meinung von Gustav Weiß angeschlossen und fördern den Vertrieb durch ständiges Bekanntmachen in ihren Medien. An der Auflage mache ich wegen der hohen Kosten (1000er Auflage) fast keinen Gewinn und bin daher dankbar für die werbende Unterstützung.

Andreas Hanusch (ehemaliger Händler und Verleger von Keramikliteratur – der Kenner der Szene, auch und vor allem im nicht deutschsprachigen Raum) hat mir versichert, dass es ein Buch mit diesem Inhalt weltweit nicht gibt und dass es unbedingt englischsprachig erscheinen sollte. Ein von uns geprüfter, für diesen Stoff sehr kompetenter Übersetzer ist bereits gefunden.

Mein Anliegen ist es, hohe Qualität von funktioneller Keramik weiterhin zu ermöglichen. Ich habe fast fünfzig Jahre in die Formulierung und Dokumentation des alten Wissens investiert und hoffe, da in einigen Ländern eine größere Keramiklobby zu finden ist als im deutschsprachigen Raum, dieses Wissen weiteren Interessierten zugänglich machen zu können.

Joachim Jung

Bei Fragen bin ich erreichbar unter: 038203-62253