Rezension Evelyne Schoenmann

Als ich vor 30 Jahren das erste Mal an einer elektrischen Drehscheibe sass und den Tonbatzen zentrieren sollte, habe ich vor Frust geheult. Die Aussage der Töpferlehrerin, dass es Jahre dauere, bis man richtig gut drehen könne, hat natürlich auch nicht geholfen. Damals hätte ich viel darum gegeben, ein Buch wie dasjenige von Joachim Jung, «Drehen auf der Töpferscheibe», zur Hand zu haben. Ja, das Buch war damals bereits auf dem Markt, denn Herr Jung hat es nach mehrjährigen schriftlichen Aufzeichnungen 1989 das erste Mal in einer sehr kleinen Version publiziert.

Die Techniken für das Drehen von Grossgefässen wurden in besagtem Buch übrigens zum ersten Mal so ausführlich dokumentiert. Leider hatte mir niemand davon erzählt und ich habe dann aus Frust das Drehen zu Gunsten des Handaufbaus aufgegeben. Das muss aber nicht sein ! Natürlich, man muss nicht unbedingt drehen können, um schöne Keramik herzustellen, aber es hilft ungemein und erweitert den eigenen Horizont, wie ich aus eigener Erfahrung dann doch noch lernte !

Die «how-to» Fotos in Herrn Jungs Buch sind so ausgewählt, dass man als noch unsicherer Dreher das Schlagen des Batzens lernt sowie die Handgriffe und Handstellungen an der Drehscheibe, die möglichen Formen die man drehen kann und auch die sich einschleichenden Fehler und fehlerhaften Positionen sofort erkennen kann. Die gezeigten Drehgriffe sind sowohl für grosse als auch für kleine Mengen Ton geeignet. Für Novizen hat es im Buch zu Beginn sehr wertvolle allgemeine Überlegungen über den Berufsstand, über Tonaufbereitung, Tonlagerung, Tonvorbereitung und die verschiedenen Werkzeuge, welche einem schon eine Anfangssicherheit bietet. Dann über höchst interessante 50 Seiten die Grundprinzipien des Drehens auf der Töpferscheibe. Hat man diese gelesen, geht es so richtig los mit dem Drehen eines mittelgrossen Topfes, und danach dem Drehen fast jeder vorstellbaren Form.

Von der Vorbereitung über das mühelose Zentrieren auch grosser Mengen Ton, das Aufbrechen, die verschiedenen Griffe und Züge, das Ausformen, Abschneiden und Abdrehen sind alle Phasen genauestens beschrieben und fotografiert. Zur noch besseren Veranschaulichung sind einige Fotos mit Richtungspfeilen unterlegt. Auch die Oberflächengestaltung, das Facettieren, Dehnen, Ausbauchen etc. kommen nicht zu kurz. Was ich mir immer gewünscht habe, ein Schritt-für-Schritt-Buch zum Erlernen des Drehens auf der Töpferscheibe, liegt mit Herrn Jungs Buch vor und ich empfehle es nicht nur Anfängern, sondern auch geübten Keramikern als Nachschlagwerk. Dass es nun auch in Englischer Sprache erscheinen soll, freut mich, denn so können auch internationale Töpfer von Herrn Jungs Buch profitieren!

Evelyne Schoenmann
Keramikerin, Kuratorin, Autorin
Mitglied im AIC
schoenmann-ceramics.ch